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10.7.1812, seinem 49. Geburtstag, von seiner auch in Grünhorst lebenden Kusine
Sophie Magdalena v. Sperling zu dem Zweck erhalten, es "zur Sammlung der
lieblichen Gedichte, die ich so oft in Rührung und Freude lese", zu verwenden. Dieses
Büchlein hat die Flucht nach Aakjdr und die Rückkehr nach Grünhorst überstanden. Es
muß Andreas Hartwig wohl sehr wichtig gewesen sein und ist auch auf unsere Tage
erhalten geblieben, wo es sich im Besitz des Urenkels Ernst-Hartwig in Mölln befindet.
Andreas Hartwig war kgl. dänischer Kammerherr und wird zunächst als Major
bezeichnet. 1816 wurde er von König Friedrich Vl. von Dänemark (1808-1839), dessen
besonderes Vertrauen er genoß, nach Beendigung des Krieges zum
Oberlandkommissar in den beiden Elbherzogthümern bestellt, was wohl etwa der
Stellung eines Oberpräsidenten der späteren preußischen Zeit entsprach. In dieser
Stellung war er Repräsentant des dänischen Königs, der manches Mal bei ihm in
Grünhorst zu Gast war. Andreas Hartwigs Enkel Hu.go erzählte später oft, daß, als der
König einmal zu Gast in Grünhorst war und die beiden alten Herren beim
Karpfenessen saßen, ein Brand im Hause ausbrach. Da habe der König gemeint, man
solle sich bei Tisch und bei einem so schönen Karpfen nicht stören lassen, die
anderen würden wohl auch ohne sie mit dem Brand fertig werden; und so sei es dann
auch geschehen.
Andreas Hartwigs Dichtkunst war offenbar auch außerhalb der Familie bekannt
geworden. Denn 1826 hat er anläßlich der diamantenen oder "Perlen"-Hochzeit des
königlichen Stadthalters Landgraf Carl vor) Hessen, der in Gottorp und Luiserilund a. d.
Schlei residierte, und dessen Gemahlin Luise Prinzessin voll Dänemark für die Stadt
Schleswig ein Huldigungsgedicht verfaßt. Dieser fürstlichen Familie war Andreas
Hartwig besonders verbunden, was bei seiner Stellung als Oberlandkommissar
nahelag. Die Tochter des Landgrafenpaares heiratete den Herzog Wilhelm von
Holstein-Beck (später Glücksburg) und wurde die Mutter des Prinzen Christian, des
späteren Königs Christian IX. von Dänemark, des "Vaters Europas". Aus dieser
Verbundenheit Andreas Hartwigs zur landgräflich hessischen und herzoglich
HolsteinGlücksburger Familie erklärt sich, daß seine Söhne Andreas und Heinrich im
Schloß Biehl in Kopenhagen als Jugendfreunde des Prinzen Christian aufwuchsen,
und daß die Tochter Juli Erzieherin und Vertraute von Christians Schwester Prinzessin
Friederike von Glücksburg, der späteren Herzogin von Anhält-Bernburg in Ballenstedt
wurde.
So bestand, wie zur königlichen Familie aus dem älteren Zweig des Hauses
Oldenburg, dem noch Friedrich VI. angehörte, auch zur Holstein-Glücksburger Familie,
die mit Christian IX. im Jahre 1863 die Nachfolge auf dem dänischen Königsthron
antreten sollte, ein besonders nahes Verhältnis.
Wo Andreas Hartwig nach dem Verkauf Grünhorsts gelebt hat, wissen wir nicht,
vielleicht in Schleswig. Jedenfalls ist er dort in den Tagen seines 74. Geburtstages im
Sommer 1837 gestorben und auf dem Friedrichsberger Kirchhof bei Schleswig
beerdigt worden, wo seine Familie laut noch vorhandener Urkunde eine Grabstätte
erwarb, von der ein Bild noch erhalten geblieben ist. Seine Witwe hat noch bis 1860
gelebt und ist nach ihrem Tode an seiner Seite beigesetzt worden.
Ein Ölbild Andreas Hartwigs ist noch vorhanden und auf den Urenkel Ernst Hartwig
überkommen.