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23. Joachim Christian. Oberförster. 1799-1867
Andreas Hartwigs ältester Sohn war Joachim Christian. Er ist am 4.5.1799 in
Schleswig geboren und war also 14 Jahre alt, als die Familie Grünhorst verlassen und
nach Aakjør in Jütland ausweichen mußte. Er war bei dieser Flucht aber nicht dabei.
Vielmehr hatten seine Eltern ihn nach Helgoland gebracht, wo er auch 1815, fern von
der Familie, konfirmiert wurde. Sein Vater hat ihm aus diesem Anlaß ein langes von
religiösen Gefühlen erfülltes Gedicht geschickt. Ein Jahr später - nach der Rückkehr
nach Grünhorst - hat er ihm das bereits auszugsweise wiedergegebene Gedicht
geschrieben.
Christian ist Oberförster in Estrup bei Flensburg geworden. Er hat nicht geheiratet. Um
so engeren Kontakt hat er mit seinen Geschwistern gehalten, naheliegenderweise
besonders mit seinem Bruder Heinrich, der denselben Beruf wie er ergriffen hatte, so
daß ihre Interessen sich weithin deckten. Eine Reihe von Briefen an seine Geschwister
ist erhalten geblieben. Als ältester Sohn fühlte er sich wohl auch etwas verantwortlich
für seine jüngeren Geschwister; sein jüngster Bruder war 23 Jahre jünger als er und
beim Tode des Vaters erst 15 Jahre alt.
Christian ist 68 Jahre alt geworden und am 19.12.1867 in Estrup gestorben. Er ist auf
dem Friedhof in Gr. Solt, wo Estrup eingepfarrt ist, beerdigt worden. Wie nahe gerade
Heinrich seinem Bruder Christian gestanden hatte, ergibt sich daraus, daß er wenige
Wochen nach des Bruders Tod neben dessen frischem Grab eine zweite Grabstelle
erwarb und auf dieser neben dem Grab einen Denkstein für ihn errichten ließ. Die mit
einem eisernen Gitter eingefaßte erweiterte Grabstelle und der Denkstein sind noch
vorhanden. Der Stein, eine abgebrochene Stelle, trägt neben den Daten die Worte
"Dem Oberförster J.C.v.Bernstorff von seinen Freunden" und darunter "Frangor, non
flector" (ich werde gebrochen, aber nicht gebeugt), Worte, die Christian als einen
charakterfesten aufrechten Mann zeichnen.
24.. Julie. Hofdame in Ballenstedt. 1806-1871.
Julie war 7 Jahre jünger als Christian und ist 1806 geboren. Sie war vermutlich das
erste Kind aus der 2. Ehe ihres Vaters. Schon in jungen Jahren stand sie in näheren
Beziehungen zum Glücksburger Herzoghaus, mit dem ihre Eltern freundschaftlich
verbunden waren, und wurde hier Erzieherin der Prinzessinnen, woraus sich eine
lebenslange innige Freundschaft zu der um 5 Jahre jüngeren Prinzessin Friederike
entwickelte, die 1834 den Herzog Alexander von Anhalt-Bernburg heiratete.
Zunächst gründete Julie sich, als sie herangewachsen war, eine Häuslichkeit als
Stiftsdame des Klosters Preetz. Aber 1841 siedelte sie nach Ballenstedt, der Residenz
der Herzogin, über und blieb für ihr ferneres Leben dort. Die Herzogin hatte das
schwere Schicksal, daß der Herzog geisteskrank wurde, und hatte daher wohl das
Bedürfnis, ihre Freundin um sich zu haben. Wilhelm v. Kügelgen schreibt damals in
einem Brief: "Vor einem Vierteljahr langte eine neue Hofdame aus Holstein hier an,
Fräulein v. Bernstorff, eine Dame in den vierziger Jahren, welche