von Bernstorff

Andreas Peter

Graf v. Bernstorff
* 28.08.1735 | † 21.06.1797
Seite im Buch: 118 155

Dänischer Staatsminister

 

1735 - 1797 auf Dreilützow, Wotersen u. Stintenburg

Königlich dänischer Staatsminister

 

Andreas Peter war zweifellos der bedeutendste Politiker unserer Familie. Als sein Onkel Johann Hartwig Ernst 1772 in Hamburg starb, war Andreas Peter, sein Neffe und politischer Ziehsohn, schon seit über 10 Jahren im Dienste der dänischen Krone und hatte neben seinem Onkel das politische Handwerk gelernt. Nach einer etwa zweijährigen Unterbrechung der Bernstorffschen Ära in Kopenhagen durch Johann Friedrich Struensee und den Nationaldänen Guldberg, kehrte Andreas Peter aus dem deutschen Exil an den dänischen Hof zurück und übernahm 1773 die Ämter seines Onkels.

 

Er setzte die Friedenspolitik seines Onkels fort und es gelang die für Dänemark höchst gefährlichen Ansprüche Russlands auf Teile Holsteins im Vertrag von Zarskoje Selo (1773) endgültig zu befriedigen. Hierfür erhielt er die höchste Anerkennung und Auszeichnung seines Königs, den Elefantenorden. 1780 nahm er aufgrund einer erstarkenden dänisch-nationalen Opposition seinen Abschied und ging ins Exil nach Dreilützow. Doch als 1784 Friedrich VI. für seinen kranken Vater die Regentschaft antrat, berief er Andreas Peter nach Kopenhagen und in seine Ämter zurück. Es folgten nun 13 Jahre, in denen er als Außenminister und Präsident der Deutschen Kanzlei bis zu seinem Tod als Premierminister fungierte.

 

Außenpolitisch widersetzte er sich dem Druck Preußens und Englands in eine antifranzösische Koalition einzutreten; durch die Einbindung Schwedens in das System der "Ruhe des Nordens" gelang es ihm 1793 sogar zeitweise ein gewisses Gleichgewicht der Mächte des Nordens zu errichten. Gegen englische Übergriffe auf die Freiheit des Seehandels berief er sich sehr modern auf das Völkerrecht: "Die Sätze des Völkerrechts hängen nicht von den Umständen ab", schrieb er in einer Denkschrift, die auch das englische Parlament beschäftigte. Höchste Anerkennung erfuhr er für die mühsame Umsetzung der Agrarreformen in Schleswig-Holstein und Dänemark.

 

Weiterhin ist sein Name verbunden mit dem Bau des Eiderkanals 1777 bis 1783, der Schaffung der Schleswig-Holsteinischen Bank 1788, des Verbots des Sklavenhandels 1792/1803, welches mit der Aufhebung der Leibeigenschaft im Rahmen der Bauernbefreiung einherging.

 

Literatur

 

Hornemann, Joergen (Hrsg. Hartwig Graf v. Bernstorff): Andreas Peter Bernstorff - Ein europäischer Staatsmann des Revolutinszeitalters; Wachholtz 1. Aufl. 2020

Hornemann, Joergen: Danmarks Statsmand, A. P. Bernstorff og hans samtid, Kopenhagen 2001
Feldbaek, Ole: Andreas Peter Bernstorff als Staatsmann des dänischen Gesamtstaats, in: ZSHG (= Zeitschrift für Schleswig-Holsteinische Geschichte), Bd. 111, 1986, S. 93-103
Trunz, Erich, Lohmeier, Dieter, Hg.: Staatsdienst und Menschlichkeit, Studien zur Adelskultur des späten 18. Jahrhunderts in Schleswig-Holstein und Dänemark, Neumünster 1980
Klose, Olaf, Degn, Christian: Die Herzogtümer im Gesamtstaat, in Geschichte Schleswig-Holsteins, Neumünster 1960, darin: Das Zeitalter Andreas Peters Bernstorffs 1773-1797, S. 165-215

Portraits

Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
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Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
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Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Stammvater Linie/Ast/Zweig/Haus

Ast 2 "Wotersen-Dreilützow"

Gründungsdatum nicht bekannt
Dänischer Staatsminister

Anekdote

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Verheiratet:
Vater:
Andreas Gottlieb
Mutter:
Dorothea Wilhelmine
Geschwister:
Joachim Bechtold
Andreas Peter
Charlotte Claudine Luise
Christine Elisabeth Marianne
Kinder:
Andreas Christian Gottlieb
Sophie Magdalene Charlotte
Johann Hartwig Ernst
Christian Günther
Sophie Magdalene Charlotte
Joachim Friedrich
Luise Henriette
Emilie Hedwig
Carl Andreas Christian
Übersicht Ereignisse und Besonderheiten

Politiker & Diplomat

Dänischer Staatsminister

 

Gefördert von seinem Onkel Johann Hartwig Ernst von Bernstorff trat er 1759 in den dänischen Staatsdienst ein. Zu Beginn seiner Karriere beschäftigte er sich vor allem mit Wirtschaft und war Mitglied des Kommerzkollegiums, dem sein Onkel vorstand, und unterstützte so Dänemarks positive Handelsbilanz.

 

Nach dem Tod von König Friedrich V. hatten beide Bernstorffs auch unter Christian VII. anfangs die führende Stellung im Staat. 1769 wurde Andreas Bernstorff zum Geheimrat befördert und gemeinsam mit seinem Onkel und seinem Vater in den Grafenstand erhoben. Doch schon 1770 verdrängte sie Johann Friedrich von Struensee. Nach dessen Sturz und dem Tod seines Onkels kehrte Andreas Bernstorff auf seine Stellung im Finanzkollegium zurück. 1773 wurde er Nachfolger seines Onkels als Staatsminister des Äußeren und – auf Druck der schleswig-holsteinischen Ritterschaft und gegen den Widerstand des Kopenhagener Hofs – Leiter der Deutschen Kanzlei, der zentralen Behörde für die Herzogtümer Schleswig und Holstein. Diese Position hatte Bernstorff zunächst bis 1780 und dann von 1784 bis 1797 inne.

 

Einen großen Verdienst erwarb sich Bernstorff dadurch, dass er die schon von seinem Onkel begonnenen Verhandlungen mit Russland über den Austausch des Gottorpschen Anteils an Holstein gegen Oldenburg und Delmenhorst im Vertrag von Zarskoje Selo von 1773 zum gewünschten Ende führen konnte. Während des englisch-französisch-spanischen Seekriegs im Zusammenhang mit dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg brachte er, in Verbindung mit Russland, Schweden und Preußen, die bewaffnete Neutralität zustande, welcher Dänemark während verderblicher Kriege zwischen anderen Völkern einen langjährigen Frieden verdankte.

 

Aber infolge von Differenzen mit der verwitweten Königin Juliane und deren Minister Ove Høegh-Guldberg, der die dänische Hofpartei durch ein Indigenat-Gesetz, das Dänischstämmige bevorteilen sollte, stärken wollte, legte Bernstorff 1780 sein Amt nieder und zog sich auf das Familiengut Dreilützow in Mecklenburg zurück. Sobald jedoch der junge Kronprinz Friedrich VI. 1784 eine Änderung des Staatsrats durchgesetzt und den Einfluss der Königin gebrochen hatte, wurde Bernstorff zurückgerufen und in alle seine Ämter und Würden wieder eingesetzt. Von da an blieb er bis zu seinem Tod der leitende Mittelpunkt der äußeren und inneren Verwaltung und erhob Dänemark unter den schwierigsten Verhältnissen zu einer hohen Blüte. Den unvermeidlichen Krieg mit Schweden, zu dem das Bündnis mit Russland zwang, wusste er nach nur einer Schlacht schnell zu beendigen. Dänemark trat durch Bernstorffs Veranstaltung 1791 sogar mit dem glücklichsten Erfolg als Vermittler zwischen Russland und England im Türkenkrieg auf. 1792 lehnte er eine Einladung der gegen Frankreich alliierten Mächte Österreich, Preußen und Sardinien-Piemont zur Teilnahme am Krieg gegen die Republik ab. Auch später trat er Koalitionen gegen Frankreich nicht bei.

 

Durch dieses Friedens- und Neutralitätssystem sowie durch wahrhaft wohltätige, alle Gegenstände der Administration, Finanzen, Handel, Schifffahrt, Manufaktur- und Fabrikwesen sowie militärische Angelegenheiten betreffende Maßregeln wurde Bernstorff der Wohltäter Dänemarks. Ihm ist besonders die Befreiung des Bauernstandes in Dänemark von persönlichen und wirtschaftlichen Fesseln zu danken. Auch an der Aufhebung der Leibeigenschaft in Schleswig-Holstein hatte er einen bedeutenden Anteil, obwohl sie erst nach seinem Tod erfolgte. Dabei war er im Sinne der Aufklärung ein standhafter Verteidiger liberaler Regierungsprinzipien und erklärte sich stets entschieden gegen jede Beschränkung der Pressefreiheit. Bernstorffs Privatcharakter erscheint überall in dem günstigsten Licht.