von Bernstorff

Johann Heinrich Andreas Hermann Albrecht

Graf v. Bernstorff
* 14.11.1862 | † 06.10.1939
Seite im Buch: 328 364

Dt. Botschafter in den USA; Mitbegründer der Dt. Liga für den Völkerbund

 

Johann Heinrich Graf von Bernstorff (* 14. November 1862 in London, Vereinigtes Königreich; † 6. Oktober 1939 in Genf, Schweiz) war ein deutscher Diplomat. Der einflussreichen deutsch-dänischen Politiker- und Diplomatenfamilie Bernstorff entstammend machte er ebenfalls Karriere im diplomatischen Dienst.

 

Bernstorff, der in London als Sohn des damaligen preußischen Gesandten Albrecht von Bernstorff und jüngerer Bruder von Percy von Bernstorff geboren wurde, durchlief mehrere Stationen im diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches: Konstantinopel, Belgrad, Sankt Petersburg, München und London, wo er von 1902 bis 1906 als Botschaftsrat amtierte. Weltpolitische Bedeutung erlangte er erstmals 1906, als er von seinem Dienstort Kairo aus versuchte, die Marokkokrise zu entschärfen.

 

[s.a. Text zur diplomatischen Laufbahn]

 

Nach Kriegsende lehnte Bernstorff den angebotenen Außenministerposten ab und quittierte den aktiven Dienst. Für die liberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) zog er kurz darauf in den Reichstag ein, dem er von 1921 bis 1928 angehörte und sich insbesondere für den Völkerbund einsetzte. 1922 wurde er Präsident der Deutschen Liga für den Völkerbund und setzte sich für den Eintritt Deutschlands in diese von vielen Deutschen als Organisation der Siegermächte abgelehnte Staatengemeinschaft ein. 1929 wurde er zum Präsidenten des internationalen Verbands der Völkerbundligen gewählt. Zwischen 1926 und 1931 vertrat er Deutschland als Delegierter bei der „Abrüstungskonferenz für internationale Verständigung“.

 

1923 wurde Bernstorff Vorsitzender des Aufsichtsrats der Richard Pflaum Verlag Aktiengesellschaft in München. In diesem Gremium saßen mehrere DDP-Politiker. Bei dieser Firma lag die eigentliche Steuerung der Allgemeinen Zeitung, die DDP-Kreise aus politischen Gründen wieder von einer Wochenzeitung in einer Tageszeitung (ab 2. Januar 1924) verwandelten. Der DDP-Medienpolitiker Hermann Dietrich arrangierte – vermutlich Bernstorffs Wissen für die AZ Darlehen, die aus Reichsgeldern stammten, über die von Max Winkler geleitete, verdeckt operierende Medienholding Konkordia Literarische Anstalt mbH. Die verdeckten Staatssubventionen verhinderten allerdings nicht den raschen wirtschaftlichen und politischen Absturz des Zeitungsunternehmens, aus dem ab März 1925 die neuen Titel AZ am Morgen und AZ am Abend hervorgingen.

 

Bernstorff wirkte in der DDP als Herausgeber einer einflussreichen politischen Zeitschrift, die von 1918 bis 1928 erschien: Das demokratische Deutschland[4], 1923 umbenannt in Deutsche Einheit. Der Hamburger Senator Peter Stubmann gab diese DDP-nahe Wochenschrift nach ihrer Gründung am 14. Dezember 1918 in Berlin zunächst gemeinsam mit Ludwig Bergsträsser und Hermann Kalkoff heraus. Bernstorff gehörte informell zum Gründerkreis, war aber erst ab Dezember 1920 förmlich Ko-Herausgeber, als Kalkoff ausschied. Auch Bergsträsser gab die Herausgeberschaft bald auf, so dass Stubmann und Bernstorff die Zeitschrift führten. Sie erschien im parteieigenen Demokratischen Verlag in Berlin, dann im Frei-Werk-Verlag Hamburg, wurde reichsweit und im Ausland gelesen. Redaktionsleiter war zunächst Hugo Frenz, ab August 1920 Richard May. Kurze, klare, pointierte Essays prägten die Zeitschrift, die für den innerparteilichen Diskurs von Programm und Regierungspraxis gedacht war. Die Außenpolitik spielte eine wichtige Rolle, daher griff Herausgeber Bernstorff oft selbst zur Feder. Viele Prominente wurden Autoren, etwa Hans von Eckart, Egbert von Frankenberg, Ludwig Herz, Theodor Heuss, Hans Goslar, Adolf Korell, Heinrich Mann oder Rochus von Rheinbaben. „Was in der Deutschen Demokratischen Partei einen Namen hatte, benutzte das Blatt als Sprachrohr“, hieß es in einer zeitungswissenschaftlichen Studie 1928. Bernstorff legte die Herausgeberschaft – nach vielen eigenen Beiträgen – im März 1927 nieder, um sich auf seine Völkerbundsarbeit zu konzentrieren.

 

1933 emigrierte Bernstorff angesichts der Machtübernahme der Nationalsozialisten nach Genf.

 

Johann Heinrich Graf von Bernstorff war der Onkel des Widerstandskämpfers Albrecht Graf von Bernstorff.

Portraits

Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Graf v. Bernstorff Graf v. Bernstorff
Dt. Botschafter in den USA
Orden/Preise "Träger zahlreicher Orden und Auszeichnungen"

Buchautor - Erinnerungen an die Zeit des Ersten Weltkriegs

Im Jahr 18920 verfasste Johann Heinrich den Band "Deutschland & Amerika - Erinnerungen aus dem Fünfjährigen Kriege", der heute antiquarisch oder digital über die Bayerische Staatsbibliothek zu beziehen ist.

Verheiratet:
Vater:
Mutter:
Geschwister:
Andreas Petrus Albrecht
Maria Therese Luise Rosa Sophia Anna
Friedrich Wilhelm
Friedrich Wilhelm Otto Richard Fortunatus Albrecht
Victoria Anna
Albrecht Percy Carl Leo Robert Adolf
Johann Heinrich Andreas Hermann Albrecht
Kinder:
Luise Alexandra Myrrha Sidonia Anna
Christian Günther Joseph Albrecht Eduard Viktor
Übersicht Ereignisse und Besonderheiten

Politiker & Diplomat

Dt. Botschafter in den USA

 

Von 1908 bis 1917 war Bernstorff deutscher Botschafter in den USA. Nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges versuchte er den Kriegseintritt der USA zu verhindern, was ihm – im Zusammenwirken mit US-Präsident Woodrow Wilson – trotz mehrerer antideutscher Krisen in der öffentlichen Meinung der USA (z. B. Lusitania-Versenkung) bis zur Wiederaufnahme des unbeschränkten U-Boot-Krieges durch Deutschland und die folgende Kriegserklärung der USA im April 1917 für längere Zeit gelang. Zu diesem Zweck opponierte Bernstorff heftig gegen die Pläne seines eigenen Landes zum uneingeschränkten U-Boot-Krieg und unterstützte die Friedenspolitik von Präsident Wilson, auf dessen ernsthafte Vermittlungsvorschläge an beide kriegführenden Bündnisse er Hoffnungen setzte. Umso eifriger betrieben die Alldeutschen und die Oberste Heeresleitung seine „Kaltstellung“, die 1917 nach dem Kriegseintritt der USA mit der Versetzung als Botschafter nach Konstantinopel erfolgte. Dort sah sich Bernstorff, nicht immer glücklich agierend, mit den Folgen des Völkermords an den Armeniern von 1915/16 konfrontiert, die während der osmanischen Besetzung von Baku 1918 erneute Pogrome an Armeniern auslösten. Anders als der frühere deutsche Botschafter, Graf Wolff-Metternich, hat Bernstorff das heikle Thema eher zu umgehen versucht. Zu diesem wenig rühmlichen Kapitel seiner Karriere schwieg er später in seinen Memoiren.

 

Intensiv hingegen hat Botschafter Bernstorff damals mit der verbündeten osmanischen Regierung über die Errichtung einer „Heimstätte“ für auswanderungswillige europäische Juden in Palästina verhandelt. Dabei sorgte Bernstorff im Zusammenspiel mit dem in der Türkei tätigen deutschen General Erich von Falkenhayn dafür, dass Überlegungen der Jungtürken, die als politisch unzuverlässig eingestufte jüdische Bevölkerung Palästinas ähnlich brutal wie die Armenier in Todesmärschen zu deportieren, nicht ausgeführt wurden. Der damalige osmanische Großwesir Talât Pascha erklärte gegenüber Bernstorff ausdrücklich: „Nous avons fait beaucoup de mal aux armeniens, mais nous ne ferons rien aux juifs.“ („Wir haben den Armeniern viel Böses angetan, aber wir werden den Juden nichts tun.“)

Orden/Preise

Träger zahlreicher Orden und Auszeichnungen

 

  • Titel Wirklicher Geheimer Rat
  • Roter Adlerorden, 2. Klasse mit Stern und Eichenlaub
  • Königlicher Kronen-Orden (Preußen), 2. Klasse mit Stern
  • Eisernes Kreuz am weißen Bande
  • Landwehrdienstauszeichnung I. Klasse
  • Johanniterorden, Rechtsritter
  • Verdienstorden der Bayerischen Krone, Komtur
  • Orden vom Heiligen Michael, Komtur
  • Albrechts-Orden, Komtur 2. Klasse
  • Friedrichs-Orden, Komtur II. Klasse
  • Orden vom Zähringer Löwen, Ritter I. Klasse
  • Herzoglich Sachsen-Ernestinischer Hausorden, Komtur 2. Klasse
  • Sankt-Stanislaus-Orden, II. Klasse
  • Orden des Weißen Adlers (Serbien), Ritter
  • Takovo-Orden, Kommandeur
  • Osmanje-Orden, 4. Klasse